Energie hat nichts mit sparen zu tun. Energie ist frei verfügbar, für immer und einen Tag. Ob Gas, Strom, Öl: „Who cares about it?“.
Energiesparen “auf amerikanisch”
Die Logik ist folgende: „Das ist eine Energiesparlampe, die kann man einfach den ganzen Tag brennen lassen“ (es handelte sich dabei um eine Lampe im begehbaren Vorratsschrank, die hochgerechnet max. 5 Minuten am Tag gebraucht wird). Hmmm, wahrscheinlich nur für europäische Köpfe einsichtig, dass gar keine Energie zu verbrauchen besser ist, als ein bisschen Energie verbrauchen.
Andererseits ist eine Energiesparlampe mehr auch nicht wirklich das Problem.
Holz und Plastikfolie ist “state of the art“
Das Problem sind wunderschöne Häuser aus Holz, die mit Hightech 0,2 mm dicker Plastikfolie isoliert werden. Erst dachten wir, das trifft nur die alten Häuser. Die Art und Weise Wohnhäuser (ich gebe neidisch zu: traumhaft schöne Wohnhäuser) zu bauen, hatte ich für mittelalterliche Technik gehalten. Man lernt nie aus. Auch Neubauten werden in Massachusetts aus Holz und Plastikfolie erstellt. Okay, Plastik gab es im Mittelalter nicht! Schnell wird einem klar, warum der bei Kindern so beliebte „Bob the Builder“ auch nur einen Hammer benötigt, um alles zu reparieren und zu bauen.
Lücken zwischen Fenstern und Fensterrahmen, Spalten unter der Türe, das alles ist so lange kein Problem, wie der Winter weit, weit weg ist. Und das ist er in Boston fast das ganze Jahr. Jedenfalls für den Bostoner. Während ich November, Dezember, Januar, Februar, März und Teile des Aprils durchaus als Winter empfunden habe, erklärt der Bostoner die Heating Season Anfang März für beendet. Nun ist es – wenigstens an einigen Tagen – wieder warm genug die geliebten kurzen Hosen aus dem Schrank zu zaubern und diese zum morgendlichen Jogging anzulegen.
Winter in Boston
Wieder zurück zur Energie. Es mag Definitionssache sein, wie kalt Kalt ist und wie lange der Winter wirklich gehen mag. Unbestritten ist und bleibt, dass die Häuser – will man sie beheizen – schnell zum Fass ohne Boden werden.
Trotzdem waren Versuche deutscher Fensterhersteller auf den amerikanischen Markt zu kommen bisher ergebnislos. Die Fenster sind zu teuer. Jedenfalls kurzfristig. Andererseits hilft es auch nicht so viel Hightech Fenster zu haben und daneben eine 5 mm Holzschicht mit 0,2 mm Plastikfolie on top.
Nicht, dass es keine Maßnahmen gäbe die Bausubstanz ein wenig dichter zu machen, klar. Ist aber teuer. Deshalb können sich das nur Leute leisten, die auch 1 Million Gallonen Öl pro Monat verbrennen könnten.
So ist eine Kindheit in den USA nicht ganz so wohlbeheizt wie wir das Zentraleuropäer kennen. Einer unserer Nachbarn erzählte, dass sie in ihren Zimmern nie mehr als 55F hatten (das sind umgerechnet knappe 13ºC). Wer glaubt das sind Geschichten von gestern täuscht sich. So eines Tages die Tochter unseres Vermieters: „I do not believe this: the radiator is working“. Ich hatte den letzten Winter fast schon vergessen, verherrlicht. Ja, wunderbar blauer Himmel, klar, trocken. Allerdings kommt das mit Temperaturen von –7,6 F (= -22ºC) und das sind die Temperaturen tagsüber. Nachts sinken diese mal schnell auf -40ºC und wenn man morgens um 6 Uhr auf Arbeit fährt mit der T, ist das Erste, was man am Harvard Square ersteht ein „medium regular, cream & sugar“. Keine Sorge im Winter macht so was nicht dick, da nimmt man sogar ab, ohne sich anzustrengen. Allein die Aufrechterhaltung der Körpertemperatur sorgt für endloses Kalorien-verbrennen.
Kein Wunder, dass der Durchschnitts-Amerikaner schon bei für uns kühlen 20ºC seine Shorts aus dem Schrank nimmt und die Sonne genießt…


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